Die Gesundheitsreform droht.
Datum: Dienstag, 17. Juni 2003 um 15:16
Thema: Probleme & Lösungen der Gesellschaft


Unser Gesundheits-System ist sicher eines der größten Paradoxen dieses Landes. Der Bundesbürger gibt weltweit am meisten Geld für seine Gesundheit aus und liegt dennoch in Punkto Lebenserwartung und Lebensgesundheit nur im Mittelfeld der Industrie-Nationen.

Ebenfalls verblüffend ist, daß es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Maßnahmen seitens der Politik kam, die die ausufernden Kosten reduzieren sollten (und von den Ärzten und Krankenhäusern stets als Dolchstoß bejammert wurden). Die Ausgaben stiegen davon unbeeindruckt stehts weiter an.
Gleichzeitig sparen Krankenhäuser massiv bei den Mitarbeitern ein. Das Pflegepersonal ist schlecht bezahlt und demotiviert, die Assistenzärzte sind noch schlechter bezahlt und so überbelastet, daß sie nicht mal Zeit haben demotiviert zu sein und dabei steigen ständig die Kosten und die Qualität geht zurück (das ist wohl der einzige Punkt, an dem die warnenden Ärzte recht hatten).

Wie kann so etwas möglich sein? Der öffentliche Dienst in Kombination mit der Politik bietet das - und nicht nur bei der Gesundheitsversorgung.

Und derzeit ist die Politik wieder am reformieren. Genaues ist noch nicht raus, aber alles scheint auf mehr Selbstbeteiligung durch den Patienten hinauszulaufen. Es ist auch davon die Rede, den Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung auf den Patienten zu übertragen. Das hätte enorme Mehrausgaben seitens des Arbeitsnehmers zufolge, der derzeit nur die Hälfte bezahlt.
Praktisch läuft das alles wieder einmal nicht auf eine Reduzierung der Gesundheitskosten hinaus, sondern lediglich auf eine geänderte Finanzierung zu Lasten des Versicherten.
Offenbar funktioniert so Sozialpolitik nach Art von Rot/Grün.

Über das Reformkonzept der Union kann unsere Gesundheitsministerin nur Lachen. Unausgegoren sei es. Dabei enthält es eine sehr interessante Komponente: Eine generelle Selbstbeteiligung von 10%. Wieso ist das interessant? Es wäre das erste mal, daß gesetzlich Versicherte eine direkte Möglichkeit hätten, ihre Ausgaben willentlich zu reduzieren. Das erste mal, daß in einem System, das auf dem rücksichtslosen Verbrauch von fremden Geld basiert, Beteiligte etwas sparen könnten, indem sie überflüssige ärztliche Maßnahmen vermeiden.
Bisher war es stets so, daß jeder seinen Haufen einzahlen MUSS und Sparsamkeit nicht entlohnt wird. Und warum soll der einzelne sparen, wo er doch ohnehin kein Geld zurückbekommt?
Die privaten Krankenkassen haben das schon lange erkannt: Hier gibt es die pauschale Eigenbeteiligung, eine Beitragsrückerstattung für den, der keine Ausgaben verursacht und eine Auswahl, gegen was man sich überhaupt versichern will.
Das dabei die Beiträge der privaten Krankenkassen auch noch deutlich unter denen der gesetztlichen liegen, ist sicher kein Zufall (der Fairness halber muß aber auch gesagt werden, daß die privaten ein deutlich jüngeres und damit beliegeres Klientel haben).

Hingegen geht am Pflichtversicherten alles vorbei. Dieser hat meistens nicht mal eine Vorstellung davon, welche Kosten durch ihn überhaupt anfallen. Was ist das für ein Zustand, daß jemand ein Leben lang regelmäßig eine Dienstleistung in Anspruch nimmt und dabei keinerlei Vorstellungen davon hat, was diese Dienstleistungen überhaupt kosten? Wer weiß denn schon, was eine Untersuchung zum Thema X kostet. Was kostet es, wenn der Arzt einen verdächtigen Leberfleck untersucht? Was kostet es, wenn man mit Grippe zum Arzt geht und sich krankschreiben läßt? Zahlen unbekannt.
So etwas funktioniert nur, wenn ohnehin alle ihr Geld in einen Topf schmeissen müssen.

Daher meine Vorschläge:
- Einführung einer nach Einkommen gestaffelten Selbstbeteiligung mit einem maximalen Betrag (das sichert Betroffene gegen besonders teure Fälle, z.b. Krebsbehandlungen etc. ab).
- Regelmäßige Aufklärung der Versicherten über den Umfang und insbesondere den Kosten der für sie erbrachten Leistungen.
- Zusätzliche, kostenpflichtige Versicherungen für Personen, die wieder alle Vernunft nicht gesund leben wollen (z.B. Konsumenten legaler wie illegaler Drogen).

Ziel ist es, ein transparentes System zu schaffen, daß nachhaltig die gesunde Lebensweise belohnt.

Eventuelle Diskussionen bitte im Forum.





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