Öle und Kriege
Datum: Mittwoch, 02. April 2003 um 21:36
Thema: Weltpolitik


Stellen Sie sich vor, alle protestieren gegen Krieg und alle verbrauchen Öl.

Unsere Welt steckt voll von Widersprüchen. Einerseits wollen wir Frieden und Ruhe, andererseits forschen wir an neuen Waffen. Einerseits schaffen wir Gesetze, um Verbrechen zu bekämpfen, andererseits schaffen wir die Lücken, die zum rechtlichen Missbrauch führen und Zustände, die rechtsfreie Räume ermöglichen. Einerseits können wir die Probleme der Weltpolitik an fünf Fingern abzählen, andererseits können wir uns nicht recht aus der Zwangsjacke befreien, dass wir selber Zahnräder der Getriebe eben dieser Probleme sind.

Die Experten sind sich nicht einig, wieviele Jahre der hart umkämpfte Rohstoff Erdöl - das Blut der Erde - den Verbrauch decken kann. Die Angaben schwanken zwischen einigen Jahrzehnten und mehr als einem Jahrhundert. Fakt ist jedoch, dass die Ressource versiegen wird. Wird es dann endlich wieder friedlicher auf Erden? - Wer glaubt an Wunder? Eher wird es einen grossen Knall geben, wenn eine Quelle versiegt, um die jahrhundertelang harte Wettläufe und bewaffnete Konflikte stattgefunden haben.

Gegen wen gehen die Bürger auf die Strasse, wenn sie gegen den Krieg demonstrieren? Die Kritik richtet sich insbesondere gegen harte Regierungen, die schlicht und einfach von einem Kriegskurs nicht abzubringen sind. Die Kurse der Wirtschaft in diesem Krieg liegen niedrig. Jedoch wird trotzdem auf Gewinn kalkuliert. Wir hören und lesen von Argumenten, die sich um die wirtschaftlichen Entwicklungen nach dem Krieg handeln. Verluste werden in Kauf genommen für einen anscheinend noch grösseren Gewinn. Der politische Gewinn der Regierungen kann beispielsweise eine Einschränkung der Bürgerrechte sein. Die Regierungen kalkulieren anders als viele Bürger ihrer Staaten: für die Regierungen bedeutet es freiere Fahrt für ihre Interessen.

Und wieviel hilft es, wenn wir gegen den Krieg auf die Strasse gehen, aber uns nicht viele Gedanken darüber machen, ob wir mit Öl als Zündstoff nicht einen Systemfehler haben? Nicht nur der Benzinverbrauch oder der Heizungsverbrauch machen das Problem aus, auch die Produktion von Verpackungen und diverser Produkte. In welchen Flaschen wird Spülmittel abgefüllt? Aus welchem Material unter anderem besteht der Bildschirm, vor dem ich sitze und schreibe?

Wir können jetzt nicht die Resettaste drücken. Entwicklungen gehen allmählich vonstatten. Gerade wenn es um globale Fragen geht, bedeutet es, längerfristig zu planen und die Hebel anzusetzen. Den Systemfehler, die unbestreitbar zu grosse Abhängigkeit von einer versiegenden Ressource, gilt es anzupacken.

Wehren werden sich die Ölkonzerne. Sie haben ohnehin in der Weltpolitik sehr obskure Rollen. Während wir jedoch gegen die Führung der USA und Grossbritanniens demonstrieren, geniessen riesige Ölfirmen, Chevron-Texaco (USA), BP (Grossbritannien), Royal Dutch Shell (Niederlande, Grossbritannien), ExxonMobil (USA) beinahe so etwas wie politische Anonymität. Sie spekulieren auf die Zeit nach dem Kriegszug gegen den Irak - auf das Einfahren neuer Gewinne und grösseren Hebeln auf dem Ölweltmarkt. Dadurch nehmen die Spannungen auf unserem Heimatplaneten gewiss nicht ab.

Wir verbrauchen zuviel Öl. Hier haben wir die Rechnung.





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