Angezeigtes Thema: 'Tauschsysteme'
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Von: revolutionsound (Rang: Moderator)   Beiträge: 3739
Mitglied seit: 18.02.2002
Geschrieben am: 06.05.2002 um 12:32 (9002 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Geld als Währung, so wie wir es kennen, vereinfacht die soziale Schere weltweit. Um sozialen Defiziten zu begegnen, wurden im Laufe der Geschichte immer wieder Ansätze und Initiativen entwickelt, die eine Alternative zur Geldwirtschaft darstellten. Und tatsächlich sind sie eigentlich die ursprünglicheren: sie begründen sich auf den Tausch. Der Tausch ist auch heute eine Alternative zu einem ungerechten Geldmarkt:

„Tausch, eine Form des Austausches und der Kommunikation zwischen Menschen, gewinnt in wirtschaftlicher Verschärfung durch Sozialabbau und zunehmende Entsolidarisierung der Gesellschaft eine besondere Bedeutung.“ (BRENDLE)

Systeme, die sich an einer solchen Überlegung anlehnen und auch eine Art Steuerungsmechanik aufbauen, sind die Tauschringe, die auch als LETS bekannt geworden sind.

Die Abkürzung LETS steht für Local Exchange and Trading System. Systeme, die nicht auf der herkömmlichen Geldwährung sondern einer Ersatzwährung beruhen und frühe Tauschsysteme wurden in der Vergangenheit häufig im Zusammenhang mit ökonomischen Krisen gegründet. Das gilt auch für das erste LETS überhaupt in Vancouver/Kanada. Die rechtlichen Belange von Tauschringen sind bis heute nicht konkret geklärt. Somit ist eine Einordnung der Tauschringe in den informellen Sektor schon allein aus juristischer Sicht gewährleistet.

Die fehlende eindeutige Klärung juristischer Belange ist für die Mitglieder eine grosse Herausforderung. Aus einem Gespräch mit einer Expertin ergab sich, dass jedoch die LETS gerade in Lateinamerika (wo eine gesetzliche Regelung wahrscheinlich nicht angestrebt wird) grossen Erfolge aufweisen kann. Viele Mitglieder konnten durch Tauschsysteme der Armut eine neue Waffe entgegenhalten und sich viel leichter über Wasser halten. In der BRD mag es schwieriger sein, aber auch die Situation der einzelnen Mitglieder ist gewiss anders. Doch auch hier besorgen sich Mitglieder Güter oder Leistungen über den Tauschmarkt, den sie sich normalerweise nicht leisten würden. Als Voraussetzung dafür kann das Vertrauen in den/die 'Handelspartner/in gesehen werden.

Es bedarf also einer Ökonomik des Vertrauens in Kombination mit einer stabilisierenden Institution, um ein positives Klima für Tauschhandlungen entstehen zu lassen. (Politische Überlegung: Funktioniert dieses System gut, können wir von einem demokratischen Klima ausgehen: Geld begünstigt das 'Diktat')

(Auszüge und Überlegungen fast ausschliesslich aus einer Arbeit von BESLER/FUHL/PINSKER über Tauschringe und Vertrauensökonomik)


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Von: Bodo (Rang: Moderator)   Beiträge: 2722
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 06.05.2002 um 13:22 (10553 mal angezeigt)   ( 1. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Am 2002-05-06 12:32 hat revolutionsound geschrieben:

Es bedarf also einer Ökonomik des Vertrauens in Kombination mit einer stabilisierenden Institution, um ein positives Klima für Tauschhandlungen entstehen zu lassen. (Politische Überlegung: Funktioniert dieses System gut, können wir von einem demokratischen Klima ausgehen: Geld begünstigt das 'Diktat')

Ich verstehe nicht, woraus der Vorteil, so es ihn gibt, resultiert. Letztendlich ist es doch dasselbe: der eine hat etwas, das der andere will und der andere hat etwas, was er dem einen dafuer geben kann. Oder halt auch nicht. Denn wenn jemand nichts hat, was andere brauchen, kommt er beim Tauschen auch nicht weiter. oder?

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Von: Kunstguerilla (Rang: Moderator)   Beiträge: 508
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 06.05.2002 um 14:16 (10561 mal angezeigt)   ( 2. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Hi!

Am 2002-05-06 12:32 hat revolutionsound geschrieben:

Geld als Währung, so wie wir es kennen, vereinfacht die soziale Schere weltweit. Um sozialen Defiziten zu begegnen, wurden im Laufe der Geschichte immer wieder Ansätze und Initiativen entwickelt, die eine Alternative zur Geldwirtschaft darstellten. Und tatsächlich sind sie eigentlich die ursprünglicheren: sie begründen sich auf den Tausch. Der Tausch ist auch heute eine Alternative zu einem ungerechten Geldmarkt:
[..]

Hmmm, ich hatte mir seinerzeit auch schon einmal Gedanken zu dieser Alternative gemacht. Auf dem Papier klingt das immer so gut ... nur die Praxis? Vielleicht ist auch meine Denke zu beschränkt, um mir das vorzustellen, aber ich sehe nur Probleme. Zum Beispiel auch für mich Ich kann nicht viel, ich kann z. B. Websites erstellen. Ob ich mit diesem Angebot dann zum Metzger und Bäcker rennen könnte?

Wie regeln die LETS das denn bezüglich Tauschwert? Das würde mir zentral erscheinen. In der jetzigen Geldwirtschaft ist das eindeutig: Einer Ware / Dienstleistung wird ein Wert X zugewiesen, und um die Ware / DIenstleistung zu erhalten, muss der Interessent einen Gegenwert = Geld bieten. Wie sieht da die Praxis der LETS aus?

Interessiert mich brennend, spannendes Topic von Dir!

Grüße, Andreas.


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Wir haben die Demokratie längst verschlafen, deshalb müssen wir
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