Angezeigtes Thema: 'Das Prinzip des verbrannten Wissens'
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Von: Bodo (Rang: Moderator)   Beiträge: 2722
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 29.07.2003 um 02:34 (6628 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Am 2003-07-28 14:56 hat revolutionsound geschrieben:

Das ist wirklich ein Phänomen, dass mich nun schon länger beschäftigt. Cäsar liess die Bibliothek von Alexandria niederbrennen. Wieviel altes Wissen damit verlorengegangen sein muss. Und dann war da noch dieser Brauch: wenn ein Volk besiegt wurde, dann musste es manchmal mit ansehen, wie die Zeitspuren der eigenen Kultur vor den eigenen Augen niedergebrannt wurde.
Und natürlich geschahen auch in der neueren Zeit immer wieder Bücher- und Wissensverbrennungen. Vielleicht habt ihr dieses Thema auch im Unterricht in der Schule diskutiert. Und Literatur, die sich damit beschäftigt, gibt es nicht wenig: Papier brennt bei 451 Fahrenheit.
Warum wird Wissen immer wieder gezielt verbrannt?

Es ist ja nicht so, als würde Kriegszügen nur Bücher zum Opfer fallen. Da gibt es bisweilen auch tote Menschen, zerstörte Infrastruktur, vernichtete Nahrungsmittel etc.

Warum also u.a. das Wissen? Hmmm. Ließ doch einfach Bradburys Buch - den Titel kennst Du ja offenbar schon <-; Ich hab es vor Jahren mal gelesen und hab weiß nicht mehr, warum in dessen Geschichte Bücher verboten sind.

Zurück zur faktischen Geschichte: Warum ließ Cäsar, wie Du sagst, die Bücher verbrennen? Was sind die Folgen der Verbrennung? Kurzfristig eine Erniedrigung dessen, dessen Wissen verbrannt wird. Das ist also eine Strafe oder eine Provokation.
Längerfristig bedeutet es eine Reduzierung des Bildungsniveau aufgrund des verlorene gegangenen Wissens. Und dumme Leute sind leichter zu kontrollieren - da liegt der militärische Vorteil. Gleichzeitig nimmt ihnen auch die Vergangenheit, die eigene Identität.

In Berichten über Asylanten, Kriegsflüchtlingen etc. äußern sich diese meistens sehr positiv über die tollen Bildungsmöglichkeiten hier. Sollte zu denken geben.

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Seelig sind die, die da arm an Geist sind, denn sie werden sich Christlich Soziale Union nennen.

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Von: revolutionsound (Rang: Moderator)   Beiträge: 3739
Mitglied seit: 18.02.2002
Geschrieben am: 29.07.2003 um 14:13 (2824 mal angezeigt)   ( 1. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Am 2003-07-29 02:34 hat Bodo geschrieben:

Am 2003-07-28 14:56 hat revolutionsound geschrieben:

Das ist wirklich ein Phänomen, dass mich nun schon länger beschäftigt. Cäsar liess die Bibliothek von Alexandria niederbrennen. Wieviel altes Wissen damit verlorengegangen sein muss. Und dann war da noch dieser Brauch: wenn ein Volk besiegt wurde, dann musste es manchmal mit ansehen, wie die Zeitspuren der eigenen Kultur vor den eigenen Augen niedergebrannt wurde.
Und natürlich geschahen auch in der neueren Zeit immer wieder Bücher- und Wissensverbrennungen. Vielleicht habt ihr dieses Thema auch im Unterricht in der Schule diskutiert. Und Literatur, die sich damit beschäftigt, gibt es nicht wenig: Papier brennt bei 451 Fahrenheit.
Warum wird Wissen immer wieder gezielt verbrannt?

Es ist ja nicht so, als würde Kriegszügen nur Bücher zum Opfer fallen. Da gibt es bisweilen auch tote Menschen, zerstörte Infrastruktur, vernichtete Nahrungsmittel etc.

Gewiss, gewiss. Mit den Menschen sterben Wissen, Erinnerungen. Mit der Zerstörung von Infrastruktur werden Lebensgrundlagen weggenommen. Beim Nachdenken darüber kommt mir in den Sinn, wie oft meine Grosseltern genau nachgezeichnet, wo welches Gebäude vor dem Krieg stand, wie die Strassennamen hiessen und wer dort wohnte oder tätig war. Das alles war mit den Bombenschlägen auf einmal nicht mehr da, lediglich in ihrer Erinnerung oder auf Bildern oder in Überresten.

Warum also u.a. das Wissen? Hmmm. Ließ doch einfach Bradburys Buch - den Titel kennst Du ja offenbar schon <-; Ich hab es vor Jahren mal gelesen und hab weiß nicht mehr, warum in dessen Geschichte Bücher verboten sind.

Grundgedanken waren in seiner des Überwachungssystems:
- keiner sollte auf Ideen kommen, die sich der Kontrolle entziehen
- das Lesen von Büchern war Zeichen dafür, dass sich jemand der Kontrolle entzieht
- das Aufbewahren und das Lesen an sich galt als Widerstand
Im Buch gibt es tatsächlich organisierten Widerstand. So weit ich weiss, gelang der Hauptperson die Flucht, aber es kündigte sich ein bewaffneter Angriff an...

Zurück zur faktischen Geschichte: Warum ließ Cäsar, wie Du sagst, die Bücher verbrennen? Was sind die Folgen der Verbrennung? Kurzfristig eine Erniedrigung dessen, dessen Wissen verbrannt wird. Das ist also eine Strafe oder eine Provokation.

Die Theorie der Zerstörung der Bibliothek durch Cäsar ist nicht die einzige...Bibliothek von Alexandria Da wird eher von einer Nebenwirkung im Hahnenkampf gesprochen: Die Version von der Zerstörung durch die Araber hatte ihre Wurzel im wesentlichen in der mittelalterlichen Kreuzzugspropaganda, in deren Zeit sie entstanden ist. Tatsächlich dürfte bei der Ankunft der Araber in Ägypten die Bibliothek gar nicht mehr existiert haben, sondern bereits 272 n. Chr. ein Raub der Flammen geworden sein, als bei Kämpfen zwischen dem Kaiser Aurelian und Zenobia, der Herrscherin von Palmyra (heute Syrien), das Palastviertel in Alexandria und damit zwangsläufig auch die Bibliothek zerstört wurde. Das Ende der grossen Bibliothek von Alexandria ist demnach ins letzte Drittel des 3. Jahrhunderts n. Chr. zu datieren, während die kleine Bibliothek des Serapeion noch 120 Jahre weiterexistierte und am Ende des 4. Jahrhunderts unterging.

Längerfristig bedeutet es eine Reduzierung des Bildungsniveau aufgrund des verlorene gegangenen Wissens. Und dumme Leute sind leichter zu kontrollieren - da liegt der militärische Vorteil. Gleichzeitig nimmt ihnen auch die Vergangenheit, die eigene Identität.

Längerfristig bedeutet es auch, dass sich ältere Geschichte noch schwieriger nachzeichnen lässt. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Cäsar lediglich für Literatur zerstören liess, er wird doch noch dafür gesorgt haben, dass ein Kontingent an Abschriften und Originalen gesichert würden. Er verzichtete doch bestimmt nicht auf das Wissen.

In Berichten über Asylanten, Kriegsflüchtlingen etc. äußern sich diese meistens sehr positiv über die tollen Bildungsmöglichkeiten hier. Sollte zu denken geben.

Oh ja. Und ausserdem dürfen einige von ihnen in ihren Heimatländern nicht ihre erlernten Berufe ausüben.
Und inbsbesonders betroffen sind Frauen, da einige Führer bewerkstelligen wollen, dass dieses eine Geschlecht nicht lesen kann. Haben die Frauen dann den Sprung hierher geschafft, können sie aufatmen. Hier darf gelernt und auch umgelernt werden. Die höchste Durchfallquote ist ja an den Grenzen und bei den Behörden.



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