Angezeigtes Thema: 'Muss eine Revolution blutig sein?'
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Von: Bodo (Rang: Moderator)   Beiträge: 2722
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Geschrieben am: 06.09.2002 um 02:00 (2148 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Am 2002-09-05 23:53 hat revolutionsound geschrieben:

Nun, was würde passieren, wenn man Nahrung oder Elektrizität kappt? Nahrung - 1,5 Millionen Tote im Irak. Strom - dann hat die Bevölkerung kein Licht, so einfach ist das.

Aber Strom kann doch auch boese gebraucht werden. Genau wie die Computer.


Was meinst Du? Die USA haben Deutschland geholfen Atomwaffen zu bauen? Oder andersherum? Fällt mir schwer, mir das vorzustellen.

Ab hier würde ich die Betrachtung einzelner Personen vorziehen, um so ein Postulat zu unterstützen oder zur Diskussion zu bringen.

Betrachten wir nochmal die Person Gehlen, Geheimdienstchef unter Hitler, nach dem Weltkrieg vom CIA 'gegen' Russland eingesetzt. Der Fakt, dass ein wichtiger Mann im Hitler-Regime später von einem 'Feindesland' wieder eingesetzt worden ist, sollte aufmerken lassen.

Wenn X zuerst für A arbeitet und danach für B, heißt das nicht, daß A und B zusammenarbeiten.


Das würde implizieren, dass in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg sehr wichtige Hintergründe nicht aufgearbeitet worden ist, Nazi-Funktionäre beim Feind weiter agieren konnte. Die entscheidende Lektion ist also, dass der Gehlen im Anschluss seiner Geheimdienstzeit unter Hitler in einer vergleichbaren Organisation aufgenommen worden ist, Hintergrund egal - daraus folgt: beide Organisationen betreiben das gleiche Spiel.

Daraus und aus vielen ähnlichen Fällen läßt sich schliessen, daß wenn das Können von Nutzen ist, die Moral keine Rolle spielt. Das setzt aber nicht zwingend eine vorherige Kooperation voraus, ja nicht mal das man das, was derjenige getan hat, gut heißt.


Ein weiteres Beispiel? Hat nicht Adenauer FÜR das Ermächtigungsgesetz gestimmt? Wurde das je an die grosse Glocke gehängt?

Mir war es nicht bekannt.
Aber dennoch sind wir 15 Jahre später unter Adenauer recht gut gefahren und auch nicht wieder faschistisch geworden. Vielleicht war es so für die Deutschen leichter, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, weil der Boss selbst auch nicht ganz sauber war.


Hat sie doch nicht getan. Das Wissen um die Atomtechnik kam zu einem Grossteil aus Deutschland und gelangte in die USA.

Wann?

Nach meiner leider jetzt ad hoc Zeitrechnung auch vor dem Krieg. Auf direkten Wege, ich könnte mir aber auch den indirekten Weg über den 'Neutralen Staat' Schweden vorstellen. Woher kam Nils Bohr?

Bohr war glaub nicht Deutscher. Vielleicht Holländer.
Deutschland war Anfang des Jahrhunderts wissenschaftlich sehr stark und hatte auch entsprechend viele Forscher und das Forscher ihre Erkentnisse gegenseitig austauschen ist auch normal und sinnvoll. Und viele von ihnen haben Anfangs der 30-ger Jahre Europa zugunsten der USA verlassen, hauptsächlich um sich den Nazis zu entziehen.
Das sind aber die Entscheidungen einzelner Personen und damit individuelle Entscheidungen und nicht welche der Geheimdienste und der Politik.


Aha. Wie wärst Du Hitler losgeworden?

Staatssouveränität vorausgesetzt? Widerstand von unten, das Volk aus seiner Ohnmacht befreien (auch Soldaten sind das Volk), Absichten und Machenschaften enthüllen. Je früher man jedoch ansetzt, desto besser.

Zum Thema Wahrheit hat halt auch jeder seine eigene Version. Wie willst Du einem Volk von außen erklären, daß die Propaganda, mit der es täglich bombadiert wird, nicht die Wahrheit sagt? Wenn das so einfach zu machen wäre, hätte Saddam Hussein schon längst einen Sturz in Amerika herbeigeführt. Oder andersherum?


60 Millionen Tote in einem vom Politikern zwecks Ankurbelung der Wirtschaft und des Forschungsaustausches angestossenen Krieges? Ist das Deine Vorstellung vom 2. Weltkrieg?

Die Forschung und die Ankurbelung der Wirtschaft folgt ununterbrochen. Der Rüstungswirtschaft (u.a.) ist jedoch durchaus vorzuwerfen, dass sie Konflikte durch ihren Handel schürt (Beispiel Afghanistan), genauso wie die gefährliche Forschung (Atombombe).

Es ist aber doch ein recht großer Schritt von einem Konzern, der am Krieg verdient und dessen Waffen den Ausbruch eines Krieges begünstigen zu einem Weltkrieg mit Millionen Toten, der von verschiedenen Staaten dazu inszeniert wird, der Rüstungswirtschaft einen Gefallen zu tun.


Fragen wir doch mal: auf wen gehen die 60 Millionen Toten im 2. Weltkrieg zurück? Durch wessen/welche Entscheidungen wurde dieses eklatante Ausmass ermöglicht?

Durch die Politiker - keine Frage. Daran stoße ich mich ja auch nicht.
Nur diese Theorie der internationalen Verschwörung aller Staaten zum Zweck der Wirtschaftsankurbelung auf Kosten der Normalbürger finde ich ein bisschen zu dick aufgetragen.


Hier sind wir auf einem Grat. Man könnte nicht auf der Strasse rumrennen und schreien: "Sie haben die Atomwaffen entwickelt um die Weltbevölkerung zu drosseln." Tatsächlich galt diese Drohung für Indien und Pakistan. Wer würde denn unter dem Abwurf leiden: die Bevölkerung. Deswegen bin ich der Meinung: es hätte dies aus moralischen und Sicherheitsgründen nie entwickelt werden dürfen.

Und am besten nicht mal das Schießpulver erfunden. Aber diese Frage stellt sich nur für den, der den Schritt zuerst tut. Für die, die durch diesen ersten Schritt des anderen bedroht werden, ist die Frage eine ganz andere: Ziehen wir nach oder liefern wir uns der Übermacht des anderen aus. Lassen wir es zu, daß Nazi-Deutschland als einziges Atombomben hat oder machen wir uns selbst auch welche?

Interessante Unterscheidung übrigens, dieses "Nazi-Deutschland" als distanzierenden Spezialisierung von "Deutschland". Wir sollten vielleicht allen Ländernamen eine Zustandsbeschreibung mit beigeben, z.B: Bush-USA.


[Embargo gegen Irak]
Die Idee dabei war wohl, daß die Bevölkerung das Problem Saddam Hussein selbst zu lösen vemag, wenn dieser sie nur schlecht genug behandelt.

Offiziell ja. Die Begründung muss nach Aussen immer gut klingen. Hat der Afghanistanfeldzug Afghanistan vom Islamismus befreit? Nein. Wurde es vorher versprochen? Ja.

Ich weiss nicht, was versprochen wurde. Der Krieg in Afghanistan ist aber eine Sache der USA, allenfalls der NATO. Das Embargo gegen den Irak ist meines Wissens eine Sache der UN, der ich wesentlich mehr Good-Will zugestehen würde, als den Bush-USA.


Sollte das Embargo also helfen, Saddam zu beseitigen? Dann muss das kritische Volk gestärkt werden, aber nicht geschwächt.

Korrekt. Aber wie macht man das, ohne zugleich auch das Regime zu stärken?


Das Embargo richtet sich meiner Meinung nach gegen die Bevölkerung. Es ist ein Völkermord - welches an den Holocaust im Dritten Reich bald heranragt.

Das halte ich nicht für vergleichbar. Außerdem ist hier Saddam Hussein der, der es ändern könnte. Einen vergleichbaren Ausweg hatten die Opfer des Holocausts nicht.

Hätte Hitler dann nicht auch die Richtung seiner Politik ändern können?

Das ist eine andere Rollenverteilung. Deine Verteilung ist doch die, dass die Weltgemeinschaft sich gegenüber dem irakischen Volk verhält, wie Hitler gegenüber den Juden. Im Fall Irak gibt es dabei den Posten Saddam Hussein. Dieser bräuchte nur zu sagen: "OK, ich gebe auf.", dann wäre das Volk gerettet. Im Holocaust gab es niemanden, der die Situation hätte so dramatisch und so einfach ändern können.

Ein hungerndes Volk kann sich nicht wehren, wo sind denn die Mittel?

Und ein sattes will sich nicht wehren, weil es zufrieden ist.


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Seelig sind die, die da arm an Geist sind, denn sie werden sich Christlich Soziale Union nennen.

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Von: revolutionsound (Rang: Moderator)   Beiträge: 3739
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Geschrieben am: 07.09.2002 um 01:13 (2159 mal angezeigt)   ( 1. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Am 2002-09-06 02:00 hat Bodo geschrieben:

Am 2002-09-05 23:53 hat revolutionsound geschrieben:

Nun, was würde passieren, wenn man Nahrung oder Elektrizität kappt? Nahrung - 1,5 Millionen Tote im Irak. Strom - dann hat die Bevölkerung kein Licht, so einfach ist das.

Aber Strom kann doch auch boese gebraucht werden. Genau wie die Computer.

Die Frage ist, wer kommt an den Strom ran (?). Wer wird sich die (besten) Computer leisten? Wer darf ins Internet, mit welchen Rechten? Wer kann den Strom abschalten (den Hebel im Elektrizätswerk runterdrehen)? Ist Strom knapp, so wird die staatliche Schaltzentrale bei sich als letztes den Strom runterfahren.

Was meinst Du? Die USA haben Deutschland geholfen Atomwaffen zu bauen? Oder andersherum? Fällt mir schwer, mir das vorzustellen.

Ab hier würde ich die Betrachtung einzelner Personen vorziehen, um so ein Postulat zu unterstützen oder zur Diskussion zu bringen.

Betrachten wir nochmal die Person Gehlen, Geheimdienstchef unter Hitler, nach dem Weltkrieg vom CIA 'gegen' Russland eingesetzt. Der Fakt, dass ein wichtiger Mann im Hitler-Regime später von einem 'Feindesland' wieder eingesetzt worden ist, sollte aufmerken lassen.

Wenn X zuerst für A arbeitet und danach für B, heißt das nicht, daß A und B zusammenarbeiten.

Wenn X das Spiel genau kennt, kann er gegen B und für A arbeiten und tatsächlich auch für A und B arbeiten. Und wenn der Konflikt zwischen A und B vorbei ist, kann er auch von C übernommen werden, der für B eingegriffen hat. Natürlich nur, wenn A ganz oben mitspielt.

Das würde implizieren, dass in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg sehr wichtige Hintergründe nicht aufgearbeitet worden ist, Nazi-Funktionäre beim Feind weiter agieren konnte. Die entscheidende Lektion ist also, dass der Gehlen im Anschluss seiner Geheimdienstzeit unter Hitler in einer vergleichbaren Organisation aufgenommen worden ist, Hintergrund egal - daraus folgt: beide Organisationen betreiben das gleiche Spiel.

Daraus und aus vielen ähnlichen Fällen läßt sich schliessen, daß wenn das Können von Nutzen ist, die Moral keine Rolle spielt. Das setzt aber nicht zwingend eine vorherige Kooperation voraus, ja nicht mal das man das, was derjenige getan hat, gut heißt.

Damit ist 'Gutheissen' eigentlich egalisiert. Das Spiel läuft ja wieder mit den gleichen Regeln. Wichtig, dass sich möglichst niemand daran erinnert und es nicht auffällt. Solche Vorgänge zeigen, dass eigentlich politische Vergehen nicht wirklich aufgearbeitet werden.

Ein weiteres Beispiel? Hat nicht Adenauer FÜR das Ermächtigungsgesetz gestimmt? Wurde das je an die grosse Glocke gehängt?

Mir war es nicht bekannt.
Aber dennoch sind wir 15 Jahre später unter Adenauer recht gut gefahren und auch nicht wieder faschistisch geworden. Vielleicht war es so für die Deutschen leichter, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, weil der Boss selbst auch nicht ganz sauber war.

Nicht viele werden es gewusst haben, obwohl es eigentlich naheliegend ist: das Parlament hatte sich ja selbst ausgeschaltet - und hätte die Folgen wissen müssen. Hitler war in seiner Mentalität nicht unberechenbar, sein Buch war doch schon auf dem Markt, die Politik gegen die Juden im vollen Gange.

Hat sie doch nicht getan. Das Wissen um die Atomtechnik kam zu einem Grossteil aus Deutschland und gelangte in die USA.

Wann?

Nach meiner leider jetzt ad hoc Zeitrechnung auch vor dem Krieg. Auf direkten Wege, ich könnte mir aber auch den indirekten Weg über den 'Neutralen Staat' Schweden vorstellen. Woher kam Nils Bohr?

Bohr war glaub nicht Deutscher. Vielleicht Holländer.

Hab, gegoogelt: er kam aus Kopenhagen.

Deutschland war Anfang des Jahrhunderts wissenschaftlich sehr stark und hatte auch entsprechend viele Forscher und das Forscher ihre Erkentnisse gegenseitig austauschen ist auch normal und sinnvoll. Und viele von ihnen haben Anfangs der 30-ger Jahre Europa zugunsten der USA verlassen, hauptsächlich um sich den Nazis zu entziehen.

Das Widersprüchliche dabei ist noch, dass auch in den USA rechtsextreme Strömungen existierten. Die Geschichtsschreibung hat dem Deutschen Reich die böse Rolle zugeschrieben. Das ist jedoch viel zu einfach und zu sehr über einen Kamm geschert und lenkt von vielen zweifelhaften Mustern ab, die auch diesen schrecklichen Krieg begünstigt haben - die auf eine vernetzte Schuld hinweist.

Das sind aber die Entscheidungen einzelner Personen und damit individuelle Entscheidungen und nicht welche der Geheimdienste und der Politik.

Politik, Wissenschaft und Geheimdienste sind nicht isolierte Systeme, sondern stehen miteinander sehr in Tuchfühlung. Das kann ja vieles heissen: dass eine Person in der Politik und im Geheimdienst ist (ist eigentlich auch Politik) oder dass man die Arbeit voneinander kennt. Ausserdem ist es ja nicht so, dass man Abläufe in Geheimdiensten verstehen kann, obwohl man nicht in Verbindung steht.

Aha. Wie wärst Du Hitler losgeworden?

Staatssouveränität vorausgesetzt? Widerstand von unten, das Volk aus seiner Ohnmacht befreien (auch Soldaten sind das Volk), Absichten und Machenschaften enthüllen. Je früher man jedoch ansetzt, desto besser.

Zum Thema Wahrheit hat halt auch jeder seine eigene Version. Wie willst Du einem Volk von außen erklären, daß die Propaganda, mit der es täglich bombadiert wird, nicht die Wahrheit sagt? Wenn das so einfach zu machen wäre, hätte Saddam Hussein schon längst einen Sturz in Amerika herbeigeführt. Oder andersherum?

Ein Regime ohne viel Blutvergiessen zu stürzen, scheint nicht Sache von Staaten (und Staatsspitzen) zu sein.
Ein u.a. möglicher Weg: Friedensjournalimus (der sich nicht auf die Staatsspitze beschränken darf)

60 Millionen Tote in einem vom Politikern zwecks Ankurbelung der Wirtschaft und des Forschungsaustausches angestossenen Krieges? Ist das Deine Vorstellung vom 2. Weltkrieg?

Die Forschung und die Ankurbelung der Wirtschaft folgt ununterbrochen. Der Rüstungswirtschaft (u.a.) ist jedoch durchaus vorzuwerfen, dass sie Konflikte durch ihren Handel schürt (Beispiel Afghanistan), genauso wie die gefährliche Forschung (Atombombe).

Es ist aber doch ein recht großer Schritt von einem Konzern, der am Krieg verdient und dessen Waffen den Ausbruch eines Krieges begünstigen zu einem Weltkrieg mit Millionen Toten, der von verschiedenen Staaten dazu inszeniert wird, der Rüstungswirtschaft einen Gefallen zu tun.


Fragen wir doch mal: auf wen gehen die 60 Millionen Toten im 2. Weltkrieg zurück? Durch wessen/welche Entscheidungen wurde dieses eklatante Ausmass ermöglicht?

Durch die Politiker - keine Frage. Daran stoße ich mich ja auch nicht.
Nur diese Theorie der internationalen Verschwörung aller Staaten zum Zweck der Wirtschaftsankurbelung auf Kosten der Normalbürger finde ich ein bisschen zu dick aufgetragen.

So war es nicht gedacht. War es nicht 'Rüstung und Neuordnung' - sollte nicht eine ausschliessliche Auflistung darstellen. Die Rüstung nutzt die Situation des Krieges rücksichtslos für sich, sie ist Teil der Politik. Denke aber, dass man über dieses Wort 'Neuordnung' genauer nachdenken sollte. Hitler wollte eine Neuordnung, aggressierte; die Alliierten machten dann die Neuordnung - nicht ohne eigennützigen Ziele, dabei hatten sie doch gesiegt! Deutschland lebte als Protektorat weiter, jedoch begünstigten die Siegermächte mit ihrer Politik weltweit Diktaturen. Wie erklärt man diesen Widerspruch?

Hier sind wir auf einem Grat. Man könnte nicht auf der Strasse rumrennen und schreien: "Sie haben die Atomwaffen entwickelt um die Weltbevölkerung zu drosseln." Tatsächlich galt diese Drohung für Indien und Pakistan. Wer würde denn unter dem Abwurf leiden: die Bevölkerung. Deswegen bin ich der Meinung: es hätte dies aus moralischen und Sicherheitsgründen nie entwickelt werden dürfen.

Und am besten nicht mal das Schießpulver erfunden. Aber diese Frage stellt sich nur für den, der den Schritt zuerst tut. Für die, die durch diesen ersten Schritt des anderen bedroht werden, ist die Frage eine ganz andere: Ziehen wir nach oder liefern wir uns der Übermacht des anderen aus. Lassen wir es zu, daß Nazi-Deutschland als einziges Atombomben hat oder machen wir uns selbst auch welche?

Wir sehen das auch heute wieder an dem Beispiel der Kofferbomben aus Russland, dass die Entwicklung von Atombomben nicht wirklich Staatsgrenzen kennt, sondern sie einfach passiert.

Interessante Unterscheidung übrigens, dieses "Nazi-Deutschland" als distanzierenden Spezialisierung von "Deutschland". Wir sollten vielleicht allen Ländernamen eine Zustandsbeschreibung mit beigeben, z.B: Bush-USA.

Interessant sind auch solche Wortzusammenstellungen wie: die Kohl-Ära, oder: die USA unter Clinton, usw.

[Embargo gegen Irak]
Die Idee dabei war wohl, daß die Bevölkerung das Problem Saddam Hussein selbst zu lösen vemag, wenn dieser sie nur schlecht genug behandelt.

Offiziell ja. Die Begründung muss nach Aussen immer gut klingen. Hat der Afghanistanfeldzug Afghanistan vom Islamismus befreit? Nein. Wurde es vorher versprochen? Ja.

Ich weiss nicht, was versprochen wurde. Der Krieg in Afghanistan ist aber eine Sache der USA, allenfalls der NATO. Das Embargo gegen den Irak ist meines Wissens eine Sache der UN, der ich wesentlich mehr Good-Will zugestehen würde, als den Bush-USA.

Sache der USA? Das hätten sie wohl gerne. Sie werden die Probleme nicht lösen wollen, die sie selber geschaffen haben. Die UN lassen sich in jüngster Zeit gerne beugen.

Sollte das Embargo also helfen, Saddam zu beseitigen? Dann muss das kritische Volk gestärkt werden, aber nicht geschwächt.

Korrekt. Aber wie macht man das, ohne zugleich auch das Regime zu stärken?

Jede Aktion, die sich staatlicher Kontrolle entzieht (natürlich ohne böse sein zu wollen) schwächt das Regime. Menschenrechtsorganisationen, NROs, Privatpersonen, unabhängiger Journalismus: ihre Arbeit wird viel zu wenig unterstützt. Die Frage ist: warum wird gerade denen ihre Arbeit so erschwert oder auf sie nicht oder wenig eingegangen?

Das Embargo richtet sich meiner Meinung nach gegen die Bevölkerung. Es ist ein Völkermord - welches an den Holocaust im Dritten Reich bald heranragt.

Das halte ich nicht für vergleichbar. Außerdem ist hier Saddam Hussein der, der es ändern könnte. Einen vergleichbaren Ausweg hatten die Opfer des Holocausts nicht.

Hätte Hitler dann nicht auch die Richtung seiner Politik ändern können?

Das ist eine andere Rollenverteilung. Deine Verteilung ist doch die, dass die Weltgemeinschaft sich gegenüber dem irakischen Volk verhält, wie Hitler gegenüber den Juden. Im Fall Irak gibt es dabei den Posten Saddam Hussein. Dieser bräuchte nur zu sagen: "OK, ich gebe auf.", dann wäre das Volk gerettet. Im Holocaust gab es niemanden, der die Situation hätte so dramatisch und so einfach ändern können.

Der grosse Fehler, der solche fatalen Situationen begünstigt, ist der, dass nicht zugunsten der Bevölkerung eingegriffen wird. Die Maschine des Krieges begünstigte die Ermöglichung des Holocausts, denn das Interesse der Alliierten fokussierte anscheinend nicht auf eine Befreiung, sondern der Krieg entfachte sich an Territorialdifferenzen...
Die Maschine des Embargos seitens der Weltgemeinschaft begünstigt die Hungersnot. Aber weswegen greift man den Irak an? Weil ein Aufklärungsflugzeug angeschossen worden ist. Aber eine Diskussion um die 1,5 Millionen Toten im Zusammenhang mit dem Embargo will man tunlichst vermeiden, diese wurden laut Rice tatsächlich in Kauf genommen.

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Wir leben nicht, wir werden gelebt.

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