Angezeigtes Thema: 'Software-Patente oder wie die Politiker des EU-Rates den Willen des Volkes ignorieren'
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Von: nl_marco (Rang: Neuling)   Beiträge: 2
Mitglied seit: 23.03.2004
Geschrieben am: 23.03.2004 um 15:14 (4112 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Hallo *,

da ich zu Software-Patenten noch nichts auf dieser Seite gefunden habe, möchte ich nun unbedingt die Leser auf dieses heikle Thema aufmerksam machen.

Zunächst mal denkt sicherlich jeder Nicht-Programmierer "Was hab ich denn schon mit Software-Patenten" am Hut. Nun... allein indem Du, geneigter Leser, dieses Dokument liest, wirst Du damit konfrontiert: Solltest Du Open-Source-Software (z.B. Linux, Mozilla o.ä.) benutzen, wirst Du wohl - wenn es nach dem Willen des Europarates geht - bald gezwungen sein, auf Microsoft-Produkte zu wechseln. Falls Du sowieso schon Windows benutzt, dürfte dennoch hoffentlich klar werden, daß durch das Wegfallen von Konkurrenz die Qualität sinkt und der Preis steigt, also werden auch Nicht-Linux-User davon betroffen sein.

Nun möchte ich kurz umreißen, worum es eigentlich geht: Software ist Text und ist daher bislang mit anderer Literatur gleichgestellt und durch das Urheberrecht geschützt. Dieser Schutz hat den gewaltigen Vorteil, daß er einfach, kostenlos und dennoch mächtig ist. Um das Gesetz in einfache Worte zu fassen: "Was Du schreibst, gehört Dir!"

Nun versuchen einige Politiker, Software patentierbar zu machen. Das bedeutet, damit einem etwas gehört, muß man ein Patent anmelden. Das kostet ab 30000 EURO aufwärts und ist somit nur von Großkonzernen bezahlbar. Man muß schließlich auch bedenken, daß es bei den Anmeldegebühren nicht bleibt. Hinzu kommen Anwaltskosten und - wenn es Gerichtsstreitigkeiten gibt, wovon man ausgehen kann - Gerichtskosten. Dann ist es aus mit freier Software-Entwicklung. Damit meine ich jetzt nicht mal OpenSource, sondern all diejenigen, die eine kleine Firma gegründet haben oder freiberuflich als Software-Entwickler tätig sind.

Der Europarat argumentiert wie folgt: Software läuft auf einem Computer. Ein Computer ist ein technisches Gerät. Also ist Software technisch und damit patentierbar. Wie blödsinnig diese Argumentation ist, wird hoffentlich auch Laien anhand folgender Analogie klar: Eine Beethovensonate wird auf einem Klavier gespielt. Ein Klavier ist ein technisches Gerät. Also sind Klaviersonaten technisch und somit patentierbar.

Ansonsten fehlt es den Patentbefürwortern an stichhaltigen Argumenten. Deshalb verbreiten sie Lügen wie: "Das Urheberrecht bietet keinen zureichenden Schutz, denn es verbietet nur 1:1-Kopien." Sowohl in der EU-Richtlinie 91/250/EWG als auch im nationalen Recht §69c UrhG steht, daß "die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms" verboten sind.

Die gesamte Argumentation zum Thema Softwarepatente aufzulisten, würde sehr schnell den Rahmen sprengen, deswegen möchte ich Interessierte auf folgende Seite verweisen: http://patinfo.ffii.org

Falls Ihr immer noch denkt, Ihr wärt nicht betroffen, möchte ich Euch bitten, mal einen Blick hierauf zu werfen: http://webshop.ffii.org

Wenn jeder Mensch/jede Firma, die einen Webshop betreibt, sich zukünftig mit Patenten rumschlagen muß, wird wohl bald nichts mehr über das Internet zu vernünftigen Preisen kaufbar sein.

Was ist passiert?
Die Komission JURI hat dem Europaparlament einen Richtlinien-Entwurf unterbreitet, der Software patentierbar machen würde. Dagegen sind unzählige Menschen Sturm gelaufen: http://www.heise.de/newsticker/meldung/40099

Von der aktiven Teilnahme des betroffenen Volkes am politischen Prozess beeindruckt, hat das Europaparlament zugunsten des Europäischen IT-Mittelstandes den Ausschluß von Software von der Patentierbarkeit bestätigt: http://www.heise.de/newsticker/meldung/40547

Doch leider interessiert der Wille des Volkes den EU-Rat herzlich wenig. Die interessiert wohl eher, wer ihnen Schmiere in die Tasche schiebt: http://www.heise.de/newsticker/meldung/44917

Während das Parlament die Diskussion in der Öffentlichkeit nicht scheute, bemühen sich Komission und Rat, alle Entscheidungen nach wie vor hinter verschlossener Tür zu fällen.

Tut etwas gegen diesen Mißstand!

- Informiert Euch: http://patinfo.ffii.org http://www.ffii.org http://webshop.ffii.org
- Informiert andere!
- Unterzeichnet den Aufruf zum Handeln II des FFII e.V.:
http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/appell/index.de.html
- Unterzeichnet die Eurolinux-Petition (schon > 305000 Unterschriften):
http://petition.eurolinux.org
- Spendet dem FFII e.V. - entweder Eure Zeit, indem Ihr Euch engagiert, oder Geld - am besten beides.

Liebe Grüße, Marco.

[ Geändert von nl_marco am 23.03.2004 ]

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Von: revolutionsound (Rang: Moderator)   Beiträge: 3739
Mitglied seit: 18.02.2002
Geschrieben am: 23.03.2004 um 21:34 (5356 mal angezeigt)   ( 1. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Willkommen Marco,

Am 2004-03-23 15:14 hat nl_marco geschrieben:

Hallo *,

da ich zu Software-Patenten noch nichts auf dieser Seite gefunden habe, möchte ich nun unbedingt die Leser auf dieses heikle Thema aufmerksam machen.

Zunächst mal denkt sicherlich jeder Nicht-Programmierer "Was hab ich denn schon mit Software-Patenten" am Hut. Nun... allein indem Du, geneigter Leser, dieses Dokument liest, wirst Du damit konfrontiert: Solltest Du Open-Source-Software (z.B. Linux, Mozilla o.ä.) benutzen, wirst Du wohl - wenn es nach dem Willen des Europarates geht - bald gezwungen sein, auf Microsoft-Produkte zu wechseln. Falls Du sowieso schon Windows benutzt, dürfte dennoch hoffentlich klar werden, daß durch das Wegfallen von Konkurrenz die Qualität sinkt und der Preis steigt, also werden auch Nicht-Linux-User davon betroffen sein.

Das ist ein Anschlag auf kleine Firmen und Benutzer.

Nun möchte ich kurz umreißen, worum es eigentlich geht: Software ist Text und ist daher bislang mit anderer Literatur gleichgestellt und durch das Urheberrecht geschützt. Dieser Schutz hat den gewaltigen Vorteil, daß er einfach, kostenlos und dennoch mächtig ist. Um das Gesetz in einfache Worte zu fassen: "Was Du schreibst, gehört Dir!"

Sollte man meinen. Leider missfällt dieser Grundsatz einigen Köpfen.

Nun versuchen einige Politiker, Software patentierbar zu machen. Das bedeutet, damit einem etwas gehört, muß man ein Patent anmelden. Das kostet ab 30000 EURO aufwärts und ist somit nur von Großkonzernen bezahlbar. Man muß schließlich auch bedenken, daß es bei den Anmeldegebühren nicht bleibt. Hinzu kommen Anwaltskosten und - wenn es Gerichtsstreitigkeiten gibt, wovon man ausgehen kann - Gerichtskosten. Dann ist es aus mit freier Software-Entwicklung. Damit meine ich jetzt nicht mal OpenSource, sondern all diejenigen, die eine kleine Firma gegründet haben oder freiberuflich als Software-Entwickler tätig sind.

Auf das die Hegemonialmächte der Softwareentwicklung ihre Macht untermauern können. Die EU-Klage gegen Microsoft ist ergo eine Farce?!

Der Europarat argumentiert wie folgt: Software läuft auf einem Computer. Ein Computer ist ein technisches Gerät. Also ist Software technisch und damit patentierbar. Wie blödsinnig diese Argumentation ist, wird hoffentlich auch Laien anhand folgender Analogie klar: Eine Beethovensonate wird auf einem Klavier gespielt. Ein Klavier ist ein technisches Gerät. Also sind Klaviersonaten technisch und somit patentierbar.

Bizarr.

Ansonsten fehlt es den Patentbefürwortern an stichhaltigen Argumenten.

Also muss die Argumentation skuril werden.

Deshalb verbreiten sie Lügen wie: "Das Urheberrecht bietet keinen zureichenden Schutz, denn es verbietet nur 1:1-Kopien." Sowohl in der EU-Richtlinie 91/250/EWG als auch im nationalen Recht §69c UrhG steht, daß "die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms" verboten sind.

Die gesamte Argumentation zum Thema Softwarepatente aufzulisten, würde sehr schnell den Rahmen sprengen, deswegen möchte ich Interessierte auf folgende Seite verweisen: http://patinfo.ffii.org

Falls Ihr immer noch denkt, Ihr wärt nicht betroffen, möchte ich Euch bitten, mal einen Blick hierauf zu werfen: http://webshop.ffii.org

Betroffen ist jeder Nutzer.

Wenn jeder Mensch/jede Firma, die einen Webshop betreibt, sich zukünftig mit Patenten rumschlagen muß, wird wohl bald nichts mehr über das Internet zu vernünftigen Preisen kaufbar sein.

Sieht mir danach aus, als würden einige unsoziale EU-Speziasten für ein Auseinanderklaffen der sozialen Schere kämpfen.

Was ist passiert?
Die Komission JURI hat dem Europaparlament einen Richtlinien-Entwurf unterbreitet, der Software patentierbar machen würde. Dagegen sind unzählige Menschen Sturm gelaufen: http://www.heise.de/newsticker/meldung/40099

Von der aktiven Teilnahme des betroffenen Volkes am politischen Prozess beeindruckt, hat das Europaparlament zugunsten des Europäischen IT-Mittelstandes den Ausschluß von Software von der Patentierbarkeit bestätigt: http://www.heise.de/newsticker/meldung/40547

Doch leider interessiert der Wille des Volkes den EU-Rat herzlich wenig. Die interessiert wohl eher, wer ihnen Schmiere in die Tasche schiebt: http://www.heise.de/newsticker/meldung/44917

Während das Parlament die Diskussion in der Öffentlichkeit nicht scheute, bemühen sich Komission und Rat, alle Entscheidungen nach wie vor hinter verschlossener Tür zu fällen.

Tut etwas gegen diesen Mißstand!

Schon dabei.

- Informiert Euch: http://patinfo.ffii.org http://www.ffii.org http://webshop.ffii.org
- Informiert andere!
- Unterzeichnet den Aufruf zum Handeln II des FFII e.V.:
http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/appell/index.de.html
- Unterzeichnet die Eurolinux-Petition (schon > 305000 Unterschriften):
http://petition.eurolinux.org
- Spendet dem FFII e.V. - entweder Eure Zeit, indem Ihr Euch engagiert, oder Geld - am besten beides.

Liebe Grüße, Marco.

[ Geändert von nl_marco am 23.03.2004 ]

Danke für die Infos. Die EU-Spezialisten erscheinen mir auch auf anderen Gebieten suspekt.


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Von: revolutionsound (Rang: Moderator)   Beiträge: 3739
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Geschrieben am: 06.07.2005 um 23:19 (5228 mal angezeigt)   ( 2. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Gratulation.


EU-Parlament lehnt Gesetzesvorlage für Software-Patente ab

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