Angezeigtes Thema: 'Arbeit, Sozialstaat und Existenzgeld'
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Von: Bodo (Rang: Moderator)   Beiträge: 2722
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 25.07.2002 um 13:30 (4124 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Hi!

Erst mal meinen Respekt. So ein umfangreiches und zugleich klar strukturiertes Posting habe ich hier noch nie gesehen!

Inhaltlich verspüre ich den starken Drang mich zum Existenzgeld zu äußern. Hier ist aber etwas schwer zu argumentieren, da die praktischen Erfahrungen gänzlich fehlen. Am nächsten kommt dem noch ein sozialistisches System und von denen kann man nun nicht unbedingt behaupten, daß sie in der Praxis erfolgreich waren.
Es scheint eben nicht den menschlichen Bedürfnissen zu entsprechen, über einen Kamm geschert zu werden. Der Mensch will sich individualisieren, in Wettbewerb treten, und dazu braucht er Meßpunkte und das ist vor allem Besitz. Und er braucht Freiheit. Und wo die ist, wird wahrscheinlich jede Gesellschafts- und Wirtschaftsform in einen komperativen Wettbewerb unter ihren Mitgliedern verfallen und daß führt wieder zum bekannten arm<->reich-Schema.
Doch das ist Theorie. Viel praktischer sind da schon die von Dir genannten Zahlen. Du gehst beim Existenzgeld von jährlichen Kosten für 967,2Milliarden Euro aus. Gigantisch. Wenn ich mich recht erinnere, rechnet der Bund dieses Jahr mit Steuereinnahmen von etwa 220 Mrd. Und selbst von denen steht nur ein Teil für soziale Ausgaben zur Verfügung. Denn damit muss auch ein Heer von staatlichen Bediensteten, deren Arbeitsräume, Autobahnen etc. finanziert werden. Wieviel von diesen 220 Mrd stehen wirklich für das soziale System zur Verfügung? Vielleicht 110Mrd? Woher die fehlenden 850Mrd nehmen?
Im Existenzgeld ist auch die Rente enthalten. Wir können also noch die jährlichen Ausgaben für Renten und Pensionen hinzufügen. Macht noch einmal wieviel? Vielleicht 200-300Milliarden? Dann fehlen immer noch 600Mrd. Woher? Europa hilft da nichts. Da ist zwar mehr Geld aber ebenso auch mehr Leute auf die das System angewendet werden müßte.
Also denen nehmen, denen man es bisher auch nimmt? 50% aller Netto-Einkommen an den Staat - sagst Du. Mag sein, daß das im Moment klappen würde. Aber langt das auch noch dann noch, wenn Arbeit zum freiwilligen Gut wird. Dann wird nämlich höchstwahrscheinlich auch der Verdienst entsprechend zurückgehen und damit auch das Netto-Einkommen.
Und Vermögen ist auch nicht nur als kontinuierlicher Verdienst vorhanden, sondern auch in Form von Häusern, Sparkonten etc. Solange das besteht, besteht auch die soziale Ungleichheit. Also allen Privatbesitz auflösen?

Und Du sagst: wer mehr will, kann was dazuverdienen. Was ist mit denen, die gar nicht dazuzuverdienen können? Schwerbehinderte oder sehr alte Menschen? Schaffen wir für die ein soziales System im System? Hat sich dann wirklich was geändert? Was früher die Sozialhilfe-Empfänger und Arbeitslose waren, sind dann die Behinderten und Alten?

Eine auch recht utopische, alternative Idee zu Deiner (Bzw. eine Folgeeinwicklung) ist die einer geldlosen Gesellschaft. Das gibt es einmal in der Form eines organisierten Tauschsystems (was ich lediglich für einen Geldersatz halte, dafür aber ein Element der Meßbarkeit der eigenen Leistung beinhält, was den Bedürfnissen des Individuums entgegenkommt) oder als ein System, in dem jeder leistet, was er kann und mag und sich dafür aus einem Fundus gemeinsam erarbeiteter Produkte nach belieben bedient. Denn wenn keiner Geld verdient, dann kosten auch die geschaffenden Produkte nichts, weil bei deren Herstellung keine Kosten anfallen. Ich glaube, in "Startreck" funktioniert das so ähnlich. Und ich könnte mir durchaus vorstellen, daß so etwas eines Tages passieren wird.

wie im mittelalter.

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Seelig sind die, die da arm an Geist sind, denn sie werden sich Christlich Soziale Union nennen.

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