Angezeigtes Thema: 'Eher maessige Kritiken fuer Inszenierung 'Die FDP und der Zentralrat'.'
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Von: huflaikhan (Rang: Regular)   Beiträge: 111
Mitglied seit: 09.02.2002
Geschrieben am: 21.06.2002 um 18:44 (2898 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Am 2002-06-21 14:15 hat Bodo geschrieben:

Es ist aber auch verdammt schade, dass man die Zeit nicht zurueckdrehen und Moellemann das ganze noch einmal ohne das kritische "foerden" sagen lassen kann.
Wie haette man reagiert, wenn ein prominenter, deutscher Politiker etwas wie "Ist festzustellen, dass das Verhaltens Israels in vielen Deutschen antisemitische Denkweisen weckt" gesagt haette?

Wenn es so gesagt worden wäre, dann hätte man wenigstens was zum sich selbst an die Nase fassen. Nämlich, wie kann es geschehen, dass man sich so dumm anstellt, das eine mit dem anderen in Konnex zu bringen. Man muss sich an die eigene Nase fassen und gründlich darüber nachdenken, wie es dahin kommen konnte.

Wenn man den Verursacher will, ist man bei Moellemann richtig. Aber der Umgang damit und die dabei zu machenden Fehler, liegt bei vielen anderen.

Das schliesse ich nicht aus, ändert aber nichts an der Notwendigkeit, solcher Propaganda Paroli zu bieten.

Auch wenn man sich damit zum Teil dieser Propaganda macht, indem man fuer Aufmerksamkeit sorgt (Moellemann war wohl noch nie so gefragt wie jetzt) und eine ganze Partei mit einer Kollektiv-Schuld abstraft?

Das liegt doch einigermaßen nahe, weil - und das fand ich eigentlich das Schlimmste an diesem Vorgang (parteipolitisch gesehen) - aus den Reihen der FDP nur verharmlosende Rückpfiffe kamen. Wenn sofort Westerwelle und das Präsidium der FDP reagiert hätten mit der Maßnahme: "Möllemann, Du bist so dumm, Du bist ein Vollidiot und hast von nix ne Ahnung. Entschuldige Dich, nimm es zurück und schalte doch bitte das Teil zwischen Deinen Ohren ein, bevor Du Deinen Mund aufmachst, und wenn Dir das nicht gelingt, dann frage vorher mal ein paar Leute, die es besser wissen können." Wenn die FDP mindesten an ihrer Spitze so (oder ähnlich) reagiert hätte (Baum und Hamm-Brücher und irgendwie auch Genscher haben das ja), dann hätte es nicht diesen Spuk so gegeben.
Aber ich sehe sie noch alle im Fernsehen, seine Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, wie sie rumeieren und Briefe in die Luft halten, wie Recht er "eigentlich" hätte, dass er nur etwas ungeschickt war ... etc. Das war hochnotpeinlich.

Wenn der Mmann bei uns in der Redaktion säße und ich Chef wäre, dann hätte er seine Koffer packen können oder wäre in die Versandabteilung zurückgegangen; dann wenn er nicht in akzeptabler Weise diesen üblen Schrott zurückgenommen hätte.

Und genau da versuchen wir seit 40 Jahren dasselbe Haudrauf-Prinzip. Und es hat uns der Loesung keinen Schritt naeher gebracht.

Sehe ich weniger drastisch. Wenn es auch mühsam war und viele Fehler gemacht wurden, so konnte die Gesellschaft doch bis auf eine Randgruppe "entnazifiziert" werden.

20%, die mehr oder weniger latent entisemitisch sind, sind doch keine Randgruppe.

Verglichen mit den 30er bis 60er Jahren aber schon. Ich denke aber, dass die Zahl ohnehin nicht stimmt, ich schätze sie eher auf weit über 50 Prozent.

h.

_________________
Nizza, den 24. November 1887

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Von: Bodo (Rang: Moderator)   Beiträge: 2722
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 21.06.2002 um 19:48 (3002 mal angezeigt)   ( 1. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Am 2002-06-21 18:44 hat huflaikhan geschrieben:

...wie kann es geschehen, dass man sich so dumm anstellt, das eine mit dem anderen in Konnex zu bringen.

Ist das nicht ein ganz alltaeglicher Vorgang? Sieh Dir mal an, wie Millionen sich mit einem Trupp Fussballer identifizieren nur weil diesen dieselbe Nationalitaet haben. Wie sie sich stark fuehlen, wenn diese gewinnen und wie sie Angst um ihren Ruf in der Welt haben, wenn sie verlieren? Hast Du das "Was soll die Welt nun von uns denken?" Wehklagen der Argentinier gesehen?
Natuerlich werden Gruppen nach dem beurteilt, was herausragende Mitglieder dieser Gruppen tun. Besonders wenn man selbst sonst keine Gruppenmitglieder als eben diese kennt. Das ist so, im Guten wie im Boesen.
Wenn hundert deutsche Schueler bei der Pisa-Studie schlecht abschneiden, stehen wir alle als Deppen da. Wenn in Erfurt einer durchdreht, wundert sich die ganze Welt ueber uns und wenn fuenf Neonazis einen Vietnamnesen niederstechen, zittert auch ganz Deutschland um sein ansehen - weil wir Angst haben, in den Augen anderer schlecht dazustehen.
Richtig ist das nicht - aber Alltag.

Das ist ein Verhalten, welches aus Unwissenheit und Unkenntnis resultiert. Die Juden sind fuer die meisten von uns einfach die, die von den Nazis ermordet wurden, die jetzt in Isreal leben und die das Alte Testament lesen.
Die meisten von uns kennen wahrscheinlich keinen Juden persoenlich. Die kennen nur Spiegel, Friedmann und Scharon aus den Medien. Und dann orientiert sich ihr Bild eben an deren Verhalten und an den gaengigen Vorurteilen.
Da tut Aufklaerung Not. Aber auf Kritikern rumzuhacken ist keine Aufklaerung.


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