Angezeigtes Thema: 'Eher maessige Kritiken fuer Inszenierung 'Die FDP und der Zentralrat'.'
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Von: Kunstguerilla (Rang: Moderator)   Beiträge: 508
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 13.06.2002 um 12:20 (3048 mal angezeigt)   (Aktuell gewählter Beitrag)
Hi!

Am 2002-06-12 16:37 hat Bodo geschrieben:

Äh, was gibt es an Rassismus und Antisemtismus nachzuvollziehen?

Er ist da.

Ja, ja, schon, aber auf die Sprache achten: Wenn ich etwas nachvollziehe, dann ist das eine Zustimmung. "Stimmt, Du hast recht, kann ich nachvollziehen."

Und was da ist, hat auch seine Gruende und diese Gruende kann man nachvollziehen.

Echt? Aber hoffentlich doch von einer losgelösten Position aus - aus Sicht des Politwissenschaftlers, Psychologen oder Soziologen. Ansonsten teile ich die Ansicht und bestätige, dass die Gründe richtig sind. Sind sie aber keinesfalls.

Das heisst nicht, dass sie den eigenen entsprechen.

Dann musst Du es sprachlich anders formulieren. Denn die für Rassismus angegebenen Begründungen sind in keinster Weise nachvollziehbar, weil sie Bullshit sind. "Ich hasse Türken, sie nehmen uns Deutschen den Arbeitsplatz weg." - "Ich hasse Juden, die kriegen den Rachen nicht voll und es muss endlich aufhören mit den Entschädigungszahlungen." - "Ich hasse Zigeuner, dieses Gesindel, das überall rumlungert. Da muss man ja selbst noch die Haustüre festnageln!"

Da ist nichts nachvollziehbares dabei, das ist immer Unsinn. Wir sind doch keine Soziologen oder Historiker, die ein wissenschaftliches Interesse daran haben, zu ermitteln, wie es zu Rassismus kam und kommen kann.

Ich zieh mir auch keine Krawatte an, bevor ich hier poste (-;

Na also, dann lass uns weiter von "Bürger zu Bürger" debattieren und den Schwachsinn von Rassismus offen darlegen und Einspruch erheben. Logout facism now!

[Zitate]

Das sagt mir jetzt was? Sagt mir das "genau, sehe ich auch so" oder - durch die Wiederholung - "red nicht so einen Stuß"?

Das heisst, dass inhaltlich recht hast - Deine Aussagen mit meinen uebereinstimmen.

Yuhu! Ich danke Dir, you made my day

Du fragst, ob ich den Unterschied merke und ich sagte, ich merke ihn nicht.
Find ich nicht verwirrend.

Mich verwirrt aber, dass Du den Unterschied nicht merkst. Vor allem ausgerechnet Du als intelligentes Bürschchen, als das ich Dich seit Jahren kenne. "Antisemitismus fördern" (aus dem Mölli-Zitat) ist eindeutig und der Unterschied zu einem "viele dumpfe Antisemiten werden sich durch die Aktionen Sharons auch noch bestärkt fühlen" eindeutig. Im ersten Fall ist Sharon Verursacher von Antisemitismus (was ein Quatsch!), im zweiten, fiktiven Fall der Antisemit und anders kann es schon aufgrund der Logik nicht sein.

Ich nicht, weil es einfach nicht korrekt ist.

ICH schon.

Ping-Pong

Israel ist ein souveränder, unabhängiger Staat; dessen Staatsbürger sind Israelis. Da steht nichts von "muss Jude" sein dabei, weil sonst könnten auch die vielen Christen (plus sonstige) und immerhin 14% Araber in Israel leben.

Mit sinkender Tendenz (-;

Möglich, ich wollte momentan auch nicht in der Gegend leben. Aber das ändert nichts an den Fakten, dass in Israel nicht nur Juden leben.

[...] denn wie schnell entsteht im Kopf des Einzelnen (und bei massig Deutschen, die jetzt Möllemann Zuspruch geben, ist das so) die Kausalkette: Israelis bauen Mist -> Juden bauen Mist -> Juden sind Mist.

Das ist doch wurst.

Bitte?! Was ist daran wurst? Dem muss man doch widersprechen, wenn man will, dass in unserer Gesellschaft Rassisten aussen vor bleiben.

Selbst wenn in Israel zu 100.000001% nur Juden leben wuerden, ist es nicht korrekt die Missetatten einzelner auf alle zu beziehen.

Schon klar, aber sag das Möllemann und den ihm momentan Zujubelnden!

[Antisemitismus-Keule?]

Wer hat Israel in letzter Zeit (seit Ausbruch der 2. Intifdada) alles - teilweise scharf - kritisiert: Solana bzw. eigentlich die gesamte EU, Anan, Fischer, ja sogar Bush und Powell zuletzt. Wer hat denen jemals Antisemitismus vorgeworfen? Kritik ist eine Sache, Antisemitismus eine ganz andere.

Das waren doch keine kritischen Auesserungen, sondern diplimatische Floskeln.

Dann hast Du nicht zugehört, das war teilweise sehr scharf - mit entsprechender dummer REaktion auf Seiten Sharons, man möge sich nicht einmischen. Im Gegenteil, Herr Sharon, die Weltgemeinschaft muss sich endlich mehr einmischen!

Doch, doch, die Kritik war teilweise recht scharf. Etwa die Drohungen der EU. Wenn man das alles unter "diplomatische Floskeln" ablegt, dann mag man recht behalten, aber dann brauchen wir auch nicht weiter diskutieren. Mit Achselzucken kommen wir jedenfalls nicht weiter.
Deshalb - ob Floskel oder nicht: Wo/wann wurde führenden Politikern Antisemitismus vorgeworfen? Du behauptest ja, dass sei Realität. Du bist am Zuge und ich gebe Dir nach dem kleinen Ablenkungsmanöver eine zweite Chance :lol'

[Du und Martin - den Part habe ich gesnippt, macht ihr das mal untereinander aus]

(wobei es da ein Moment aus Sicht der Überlebenden und Nachfahren wohl einen Reflex gibt, aber das gehört nicht in die Politik, sondern in die Politsoziopsychologie).

Jede Seite hat ihre Reflexe.

Leider, ja. Ein Grund, weshalb der Konflikt über Jahrzehnte hinweg "funktioniert"

[Todesstrafe]

Ja, aber Mord mit Mord zu vergälten, ist Rache und nicht Recht.

Im Gegensatz zu einer Haftstrafe oder Geldstrafe?

Yep, Stichwort Verhältnismässigkeit. Wenn mir einer mein Auto mutwillig kaputt macht und er bekommt dafür eine Geldstrafe (oder Haftstrafe, wenn er das Geld nicht zahlen kann/will), dann ist das verhältnismässig, zumal der Täter damit eine Chance hat (bzw. eine Chance aufgedrückt bekommt), seinen Schaden wieder gut zu machen und sich zu bessern. Wenn ich einen Mord mit Mord ahnde, kann ich den ersten Mord nicht wieder gut machen, gebe dem Mörder aber bei Todesstrafe keinerlei Möglichkeit der Busse. Und aus Sicht des Staates versuche ich nicht Gerechtigkeit herzustellen, sondern übe im Namen des Ermordeten Blutrache.

Warum ist der Tod als Strafe Rache und eine Geldstrafe oder lebenslang im Knast nicht?

Ist das nicht offensichtlich? Welche Begründung gibt es sonst, wenn man Mord mit Mord beantwortet? Und solange das Rechtssystem nicht in der Lage ist, Fehlurteile völlig auszuschliessen, geht es schon gar nicht. Nach einer Untersuchung der Uni in Illinois waren 25% der in den USA Hingerichteten unschuldig. Hälst Du denn Mord tatsächliche für eine verhältnismässige Bestrafung? Bestrafung ist, wenn der Mörder 12 + x Jahre dazu verdonnert wird, seine Scheisstat zu bedenken und man ihm die Chance einräumt, "ein besserer Mensch zu werden". Ihn zu killen ist keine Bestrafung, weil wenn er Tod ist, kann ihm alles wurschd sein.

[Walser, ick hör dir trapsen]

Wenn es darum geht, das nachzuvollziehen, was in den Kopfen der Endverbraucher stattfindet, muessen wir natuerlich auch diese zu Wort kommen lassen.

Gerne, aber nicht bei Themen, von denen sie keine Ahnung haben, sonst regiert bald der Mob. Ausser den Experten kennt Walsers Buch im Moment nunmal noch keiner.

Es hilft nichts zu wiederholen, wie es sein sollte, sondern man muss rausfinden, wie es ist, damit man weiss, was man aendern muss, um dahin zu kommen, wo man sein will (Soll (Theorie) <-> Ist (Realitaet)).

Also Stammtisch contra fundierte und argumentativ belegbare Meinung? Nur weil sich jeder seine eigene Realität im Kopf schafft? So funktioniert BILD, die Literatur ist da wohl ein wenig schwerer zu erfassen.

Jetzt dramatisierst Du aber und Deine Verteidigung Walsers ehrt Dich zwar, ist aber nicht nötig. Er stellt sich selbst ins Abseits.

Er wird gestellt, weil man denkt, dass er da hingehoert. Ist es wirklich so - keine Ahnung.

Nein, "man denkt" nicht, sondern man erklärt anhand von Argumenten, warum es so ist. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen einer fundierten Meinungsäußerung und einer reflexhaften Äußerung auf Stammtischniveau. Derjenige, der sich auskennt, kann seine Meinung begründen, der andere, der zwar eine Meinung aber keine Ahnung hat, kann das nicht.

Ei natuerlich kann man "sagen". Ist doch jedermanns Recht.

Warum also nicht beim Walser-Buch?

Da ein Schriftsteller ein Buch nicht einfach so nieder schreibt, sondern sich dabei etwas denkt, es durchkonstruiert (gerade Walser!), kann man es sehr gut analysieren.

Unter der Voraussetzung, dass man den Autor wirklich so gut kennt, dass man glaubhaft annehmen kann, was er sich gedacht hat.

So einfach ist das nicht. Man muss kein psychologisches Gutachten von einem Autor anfordern, um zu lesen, was da steht. Schliesslich schreibt Walser nicht wie Joyce oder Jandl, das erschliesst sich dann leichter. Und gerade die Parallelität des Kritikers im Roman mit dem realen Kritiker Reich-Ranitzky, den Walser, das ist bekannt, seit Jahren abgrundtief hasst, erschliesst sich laut Aussage aller sofort. Aber wäre das schon fies genug, kommt noch hinzu - laut Aussage der Kritiker, denen Du das ja erst mal nicht glauben musst -, dass als Quasi-Begründung für den Tod des Kritikers, die Folgerichtigkeit sein Jüdisch-Sein ist.

Reich-Ranitzki fällt aus, von dem ist wohl als Überlebender des Warschauer Ghettos eher nicht Antisemitisches zu erwarten.

Scherzkeks. Genau um die Frage, ob man es dann auch antisemitisch genannt haette, geht es mir.

Hmmm? Hey, man wirft Walser nicht deshalb Antisemitismus vor, weil er sich als Romanfigur seinen Hass-Kritiker Reich-Ranitzky ausgesucht hat, sondern, weil er die Zwangsläufigkeit der Ermordung des Kritikers mit anti-jüdischen Vorurteilen versucht "nachvollziehbar" (da ist es wieder, das Wort) zu machen. Darum geht es bzw. das ist der Grund, warum sich schon vor dem Erscheinen so heftige Kritik regt.

Grüße, Andreas.


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Von: Bodo (Rang: Moderator)   Beiträge: 2722
Mitglied seit: 13.01.2002
Geschrieben am: 14.06.2002 um 01:32 (2965 mal angezeigt)   ( 1. Antwort auf aktuellen Beitrag)   Diesen Beitrag als Aktuellen nehmen
Am 2002-06-13 12:20 hat Kunstguerilla geschrieben:

Das heisst nicht, dass sie den eigenen entsprechen.

Dann musst Du es sprachlich anders formulieren. Denn die für Rassismus angegebenen Begründungen sind in keinster Weise nachvollziehbar, weil sie Bullshit sind. "Ich hasse Türken, sie nehmen uns Deutschen den Arbeitsplatz weg." - "Ich hasse Juden, die kriegen den Rachen nicht voll und es muss endlich aufhören mit den Entschädigungszahlungen." - "Ich hasse Zigeuner, dieses Gesindel, das überall rumlungert. Da muss man ja selbst noch die Haustüre festnageln!"

Da ist nichts nachvollziehbares dabei, das ist immer Unsinn. Wir sind doch keine Soziologen oder Historiker, die ein wissenschaftliches Interesse daran haben, zu ermitteln, wie es zu Rassismus kam und kommen kann.

Doch! Weil die Leute, die dieser Meinung sind, die erreichst Du nicht, indem Du sagst "Ihr seit doch doof und wir machen das jetzt mal anders, so wie ich es euch sage.".
Du musst Dich mit ihren Gruenden beschaeftigen und ihnen sagen, warum auslaendische Arbeitnehmer fuer uns von Vorteil sind, warum geschaedigte Anspruch auf Entschaedigung haben und das Klisches ueber Zigeuner nur Klisches und keine Tatsachen sind.
Toleranz kann man nicht verordnen, man muss sich vermitteln.

Du fragst, ob ich den Unterschied merke und ich sagte, ich merke ihn nicht.
Find ich nicht verwirrend.

Mich verwirrt aber, dass Du den Unterschied nicht merkst. Vor allem ausgerechnet Du als intelligentes Bürschchen, als das ich Dich seit Jahren kenne. "Antisemitismus fördern" (aus dem Mölli-Zitat) ist eindeutig und der Unterschied zu einem "viele dumpfe Antisemiten werden sich durch die Aktionen Sharons auch noch bestärkt fühlen" eindeutig. Im ersten Fall ist Sharon Verursacher von Antisemitismus (was ein Quatsch!), im zweiten, fiktiven Fall der Antisemit und anders kann es schon aufgrund der Logik nicht sein.

Da hab ich immer noch Magengrimmen. Wenn Scharons Verhalten bei manchen einen Antisemitimus bewirkt, dann foerdert doch sein Verhalten den Antisemitismus!? Oder nicht? Ich sehe das so.
Wenn jemand etwas tut, was bei jemand anderem etwas bewirkt, dann hat doch der erste beim zweiten dieser Veraenderung gefoerdert.

?-:


[internationale Politik]
Doch, doch, die Kritik war teilweise recht scharf. Etwa die Drohungen der EU. Wenn man das alles unter "diplomatische Floskeln" ablegt, dann mag man recht behalten, aber dann brauchen wir auch nicht weiter diskutieren. Mit Achselzucken kommen wir jedenfalls nicht weiter.
Deshalb - ob Floskel oder nicht: Wo/wann wurde führenden Politikern Antisemitismus vorgeworfen? Du behauptest ja, dass sei Realität.

Im verkrampfen, deutschem Umgang mit dem Thema. Das ein deutscher Politiker nicht anfaengt Solanas oder Powels kritische Auesserungen anzugreifen, verwundert mich nun nicht.

Du bist am Zuge und ich gebe Dir nach dem kleinen Ablenkungsmanöver eine zweite Chance :lol'

Was gab es denn an kritischen, deutschen Stimmen? Ich hab da nur von Fischer ab und an was gehoert und der war super-diplomatisch.

Apropos. Vor ein paar Jahren (vielleicht 10-15), gab es mal eine Rede von einem hohen Politiker, ich glaube, es war der Bundestagspraesident, die danach als auslaenderfeindlich? antisemitisch? oder nur ungluecklich bezeichnet wurde und glaub zum Ruecktritt gefuehrt hat. Weisst du, was das genau war? Mich taet mal interessieren, was es mit dieser Rede auf sich hatte.

[Todesstrafe]
Ja, aber Mord mit Mord zu vergälten, ist Rache und nicht Recht.

Im Gegensatz zu einer Haftstrafe oder Geldstrafe?

Yep, Stichwort Verhältnismässigkeit. Wenn mir einer mein Auto mutwillig kaputt macht und er bekommt dafür eine Geldstrafe (oder Haftstrafe, wenn er das Geld nicht zahlen kann/will), dann ist das verhältnismässig, zumal der Täter damit eine Chance hat (bzw. eine Chance aufgedrückt bekommt), seinen Schaden wieder gut zu machen und sich zu bessern. Wenn ich einen Mord mit Mord ahnde, kann ich den ersten Mord nicht wieder gut machen, gebe dem Mörder aber bei Todesstrafe keinerlei Möglichkeit der Busse.

Aber ich nehme dem Taeter doch in beiden Faellen genau das, was er jemand anderen genommen hat. Klingt fuer mich ziemlich verhaeltnismaessig.


Warum ist der Tod als Strafe Rache und eine Geldstrafe oder lebenslang im Knast nicht?

Ist das nicht offensichtlich? Welche Begründung gibt es sonst, wenn man Mord mit Mord beantwortet?

Man haette ein Problem weniger und wuerde ne Menge Geld sparen. Geld um damit Kindergarten zu bauen, Enwicklungsprojekte zu foerdern etc.

Und solange das Rechtssystem nicht in der Lage ist, Fehlurteile völlig auszuschliessen, geht es schon gar nicht.

Das ist in der Tat ein das beste Argument dagegen.
Man kann aber auch keinem ein Leben zurueckgeben, das er 30 Jahre im Knast verbracht hat.

Nach einer Untersuchung der Uni in Illinois waren 25% der in den USA Hingerichteten unschuldig. Hälst Du denn Mord tatsächliche für eine verhältnismässige Bestrafung? Bestrafung ist, wenn der Mörder 12 + x Jahre dazu verdonnert wird, seine Scheisstat zu bedenken und man ihm die Chance einräumt, "ein besserer Mensch zu werden". Ihn zu killen ist keine Bestrafung, weil wenn er Tod ist, kann ihm alles wurschd sein.

Du willst also ein maximales Leiden fuer den Taeter (-;


[Walser, ick hör dir trapsen]
Wenn es darum geht, das nachzuvollziehen, was in den Kopfen der Endverbraucher stattfindet, muessen wir natuerlich auch diese zu Wort kommen lassen.

Gerne, aber nicht bei Themen, von denen sie keine Ahnung haben, sonst regiert bald der Mob. Ausser den Experten kennt Walsers Buch im Moment nunmal noch keiner.

Doch. Ich (-;
Gestern, oder vorgestern hat Walser in der ARD im Garten sitzend aus seinem Buch vorgelesen. Ausser belanglosen Eitelkeiten ist da leider nichts zu hoeren gewesen.
Das ganze lief uebrigens vollkommen kommentarlos. Wenn das Buch tatsaechlich so umstritten ist, waere es dann nicht besser, es mit Kommentar in einer Zeitung zu veroeffentlichen? Die Chance hat die FAZ vertan. Um uns davor zu schuetzen, dank Walser uneloquetem Redefluss zum Antisemiten zu werden. Gute Taktik!

Jetzt dramatisierst Du aber und Deine Verteidigung Walsers ehrt Dich zwar, ist aber nicht nötig. Er stellt sich selbst ins Abseits.

Er wird gestellt, weil man denkt, dass er da hingehoert. Ist es wirklich so - keine Ahnung.

Nein, "man denkt" nicht, sondern man erklärt anhand von Argumenten, warum es so ist.

Und diese Argumentation laeuft etwa so: Der Roman ist antisemitisch, weil er antisemtisch ist.

[Experten?]
Ei natuerlich kann man "sagen". Ist doch jedermanns Recht.

Warum also nicht beim Walser-Buch?

Ei auch da. Ich warte nur nicht drauf, weil es mir ziemlich egal ist, was die Experten meinen.

So einfach ist das nicht. Man muss kein psychologisches Gutachten von einem Autor anfordern, um zu lesen, was da steht. Schliesslich schreibt Walser nicht wie Joyce oder Jandl, das erschliesst sich dann leichter. Und gerade die Parallelität des Kritikers im Roman mit dem realen Kritiker Reich-Ranitzky, den Walser, das ist bekannt, seit Jahren abgrundtief hasst, erschliesst sich laut Aussage aller sofort. Aber wäre das schon fies genug, kommt noch hinzu - laut Aussage der Kritiker, denen Du das ja erst mal nicht glauben musst -, dass als Quasi-Begründung für den Tod des Kritikers, die Folgerichtigkeit sein Jüdisch-Sein ist.

Aus Sicht einer pathologischen Romanfigur mag das doch richtig sein.
Ausserdem weisst Du nicht, zu wieviel diese Folgerichtigkeit tatsachlich im Roman vorkommt, zu wieviel die Meinung des Autors oder der Romanfigur ist und wieviel davon die Experten gedeutet haben.

Reich-Ranitzki fällt aus, von dem ist wohl als Überlebender des Warschauer Ghettos eher nicht Antisemitisches zu erwarten.

Scherzkeks. Genau um die Frage, ob man es dann auch antisemitisch genannt haette, geht es mir.

Hmmm? Hey, man wirft Walser nicht deshalb Antisemitismus vor, weil er sich als Romanfigur seinen Hass-Kritiker Reich-Ranitzky ausgesucht hat, sondern, weil er die Zwangsläufigkeit der Ermordung des Kritikers mit anti-jüdischen Vorurteilen versucht "nachvollziehbar" (da ist es wieder, das Wort) zu machen.

Aber jetzt stellt dir doch mal vor, Ranitzki haette das Buch geschrieben. Wuerde dann nicht alle die Haende ueber dem Kopf zusammenschlagen und sagen "Also dieser Ranitzki, da ist ihm ein echtes Meisterwerk gelungen. Den Tod einer Person damit zu begruenden, dass sie Jude ist! Wie kann man die Dummheit des Antisemitismuses entlarvender darstellen als durch diesen Geniestreich!?"

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